Elbtunnel Hamburg: Asbest- und Brandschutzsanierung der Röhren 1-3

Fertigstellung am 14.02.2013, Projektreport
von Hans-Arno Sonderfeld

1975 eröffnet, 2002 erweitert, bis 2012 auf den neuesten Stand gebracht – so lautet die Kurzfassung der Lebensgeschichte des Neuen Elbtunnels in Hamburg. Auf einer Strecke von insgesamt mehr als 3.300 Metern unterquert die BAB A7 in einem der längsten Unterwassertunnel Europas die Elbe im Westen der Hansestadt.

Sicher unter Wasser.

Der 2.700 Meter lange, geschlossene Tunnelabschnitt verbindet seit 36 Jahren unterirdisch die Stadtteile Othmarschen und Waltershof. Als Nadelöhr auf dem wichtigsten Verbindungsweg zum Hamburger Hafen nimmt der Elbtunnel eine zentrale Rolle im Verkehrsnetz der Stadt ein. Rund 120.000 Kraftwagen, davon etwa 18.000 Lkw, passieren täglich die Engstelle der Autobahn – 50 Prozent mehr als von den Planungen der sechziger Jahre berücksichtigt.

Das Verkehrsaufkommen bewegt sich damit täglich über der Kapazitätsgrenze der Anlage. Störungen am oder im Elbtunnel haben empfi ndliche Auswirkungen auf den Verkehrsfl uss der ganzen Stadt. Vor den Tunnelportalen bilden sich regelmäßig Staus, die die Geduld der Autofahrer strapazieren. Der Neubau der vierten Röhre reduzierte zwar die Auslastung der Fahrbahnen, eine Anpassung der Sicherheitsvorkehrungen an die neuen Verhältnisse und gesetzlichen Regelungen war dennoch notwendig. Dazu verabschiedete die Bundesregierung ein umfassendes Sanierungskonzept für die alten drei Röhren.

Die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Freie Hansestadt Hamburg, beauftragte in zwei Stufen zunächst die Lindner Isoliertechnik und Industrieservice GmbH und später die Arbeitsgemeinschaft Nachrüstprogramm Elbtunnel, Röhre 1-3, bestehend aus den Firmen HC Hagemann, Cegelec, Lindner, August Prien mit den Hauptbestandteilen des Programms: Umbau der Tunnellüftung und der Entwässerung sowie die Verbesserung des baulichen Brandschutzes und die damit verbundene Asbestsanierung in den Tunnelröhren eins bis drei.

Neue Standards für Tunnelbrandschutz.

Hintergrund der Aufrüstung sind die neuen gesetzlichen Auflagen für geschlossene Straßenführungen, insbesondere Unterwassertunnel. Welche Folgen selbst kleinere Brandherde in Tunnelanlagen haben können, zeigen die vergangenen Tunnelunglücke in den Alpenländern. Dichter Rauch ließ Fahrzeugmotoren versagen und Insassen wichtige Minuten zur Flucht verlieren. Der toxische Qualm sammelte sich im Fahrbahnraum, wodurch die Tunnelnutzer bereits nach zirka fünf Minuten ihr Bewusstsein verloren.

Untersuchungen zeigten: Zeitgemäße Rauchabzugsanlagen, Fluchtwege in regelmäßigen Abständen und Vorrichtungen, die der Ausbreitung der Hitze entgegenwirken, hätten das Schlimmste verhindert. Grund genug für die Bundesregierung, die Sicherheit der deutschen Tunnel neu zu bewerten. Mit der Novellierung der „Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT)“ in der Fassung von 2003 beziehungsweise 2006 setzten die Gesetzgeber erstmals die neuen Erkenntnisse in geltende Sicherheitsvorgaben um. Zeitgleich erließ die Europäische Union mit der Tunnelrichtlinie 2004/54/EG strenge Auflagen für die Verbesserung des Tunnelbrandschutzes. Die „Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tunnel im transeuropäischen Straßennetz“ schreiben einheitliche europäische Sicherheitsstandards in unterirdischen Straßenverläufen und ein Mindestsicherheitsniveau für Straßennutzer in europäischen Tunnel fest.

Der Neue Elbtunnel besaß bereits bei der Inbetriebnahme 1975 überdurchschnittliche Schutzmechanismen. Den damaligen Standards und Anforderungen entsprechend schützten Spritzasbest oder Asbestplatten die Tunnelkonstruktion vor übermäßiger Wärmeeinwirkung. Bei der Überprüfung gemäß den Vorgaben der RABT 2003 und 2006 in Verbindung mit Teil 5 der Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen für Ingenieurbauten (ZTV-ING) kamen dennoch erhebliche Sicherheitsmängel zu Tage.

Die neuen Brandschutzkriterien erfordern strapazierfähigere Substanzen. Abplatzungen und Beschädigungen des vorhandenen Materials förderten die Dringlichkeit der Sanierung. Lediglich die neugebaute vierte Röhre entsprach den neuen gesetzlichen Normen. In zwei aufeinanderfolgenden Sanierungspaketen aus den Jahren 2004 und 2008, beschlossen und finanziert von der Bundesregierung, passt Lindner bis Herbst 2012 die Röhren eins bis drei den neuen gesetzlichen Regelungen an.

Ein Meisterwerk der Tunnelarchitektur.

Das Aufgabenspektrum des niederbayerischen Unternehmens ist ausschließlich in der geschlossenen Tunnelstrecke beheimatet. Aufgrund der geologischen Voraussetzungen verfügt jede Röhre über vier Tunnelabschnitte. Die Bereiche unterscheiden sich nach

  • ihrer Bauart
  • dem Material der Außenhülle und
  • der Konzeption der Lüftungskanäle

Darauf basierend bestimmt Teil 5 der ZTV-ING für jede Passage eigene Anforderungen an den Feuerwiderstand und Dichtigkeit des neuen Brandschutzmaterials. Folglich gilt zukünftig auch die Konstruktion des baulichen Brandschutzes als Unterscheidungsmerkmal.

Die jeweils zweispurigen Fahrbahnbereiche durchqueren nach der Einfahrt im südlichen Tunnelportal die ungefähr 220 Meter lange Ortbetonstrecke Süd. Das 3,5-prozentige Gefälle führt die Fahrzeuge in rund 22 Meter Tiefe. Den Abschluss der Ortbetonstrecke Süd bildet das Lüfterbauwerk Süd.

Auf den nächsten 1.100 Metern folgt die sogenannte Absenkstrecke. Acht unter der Elbe eingeschwemmte Stahlbetonfertigteile fassen die drei Fahrbahnröhren einschließlich der Luftkanäle zu einem Querschnitt zusammen. In trockengelegten Hafenbecken gefertigt und Teil für Teil von Schleppern in die exakte Position gebracht, wurden die Elemente in einer ausgebaggerten Rinne versenkt. Zwischen den rechteckigen Fahrbahnkanälen befi nden sich zwei eigenständige, asymmetrisch in Zu- und Abluft geteilte Lüftungsröhren. In Richtung Norden folgt ein im Schildvortrieb erbauter Abschnitt. Mit einem Außendurchmesser von 10,9 Metern führen die Röhren getrennt voneinander unter den nördlichen Geesthang. Die 1.100 Meter lange Strecke ist in 1.125 Millimeter breite Ringe gegliedert. Jeder Ring besteht aus 15 gusseisernen Tübbings der Qualität EN-GJS-600-3 – einem Sphäroguss mit stahlähnlichen Eigenschaften. Über der Zwischendecke befi ndet sich der ungefähr 1,70 Meter hohe Abluftkanal. Seitliche Trennwände auf beiden Seiten dichten die Luftschleuse in Richtung Verkehrsraum ab. Die Grenze zwischen Strom- und Schildvortriebsstrecke markiert das Lüftergebäude Mitte.

Der nördliche Tunnelausgang endet wieder in einer Ortbetonstrecke von etwa 180 Metern Länge. Dort erlaubte die fl ache Lage des Tunnels das Bauen mit Stahlbeton in offener Baugrube. Analog zur Schildstrecke sind auch in den beiden Ortbetonstrecken die drei Röhren voneinander getrennt, mit Luftkanälen über und unter dem fließenden Verkehr. Den Abschluss der geschlossenen Tunneldecke bilden das Lüfterwerk und Tunnelportal Nord. 5 Pumpenwerk Portal Lüfterbauwerk Süd Absenkstrecke Tiefstpunkt Ortbetonstrecke Raster Rampe Tunnelportal Süd Versorgungsbereich Mitte Versorgungsbereich Süd 6

Sanierung der Schildvortriebsstrecke, Phase 1: 2004-2007

Der Startschuss des ersten Sanierungspakets fiel am Montag, den 18. Oktober 2004, mit den vorbereitenden Arbeitsmaßnahmen der Asbestentfernung. Das Projekt erwies sich von Anfang an als höchst anspruchsvoll für Mensch und Maschine. Bereits am ersten Wochenende war die Flexibilität der beteiligten Unternehmen gefordert. Die Auftragsvergabe fand erst am Freitag vor dem offiziellen Startdatum um 12 Uhr Mittag statt. Mit der Sperrung der ersten Tunnelröhre in der Nacht von Sonntag auf Montag war der Beginn der Sanierung eingeleitet. So blieben nur eineinhalb Tage, um Material, Personal und Technik auf dem Baugelände zu organisieren.

Die Schauplätze der Arbeiten befanden sich ausschließlich im Abluft- und Verkehrsraum des Schildtunnels. Die „Sanierung der Schildvortriebsstrecke, Phase 1: Asbestsanierung und Verbesserung des Brandschutzes“ war in drei Lose unterteilt. Die umfangreichen Schadstoff- und Brandschutzarbeiten waren Komponenten des Loses 1 und unterteilt in sechs Fachlose. Tabelle 1 zeigt die Aufteilung und zeitliche Abwicklung der Aufgaben der Lindner Isoliertechnik und Industrieservice GmbH.

Das Fachlos 1 ging den nachfolgenden Gewerken unter Schwarzraumbedingungen voran. Erst nach Sicherstellen einer toxikologisch unbedenklichen Umgebung durfte in der Folge das neue Plattenmaterial als Brandschutz angebracht werden.

Schadstoffe im Bestand.

Hauptbestandteil dieses 33,5 Millionen Euro Projekts war die sichere Entfernung und Entsorgung der zahlreichen Schadstoffe im Fahrbahnbereich und der Zwischendecke. Den Verkehrsraum des Schildvortriebs umrahmen beidseitig Wände aus zehn bis elf Zentimeter dicken Betonfertigteilplatten. Eingearbeitete keramische Spaltplatten erhöhen die Wanddicke auf bis zu 12,5 Zentimeter. Die Spaltwände trennen den Verkehrsraum von den dahinterliegenden Tübbings und fungierten, bis zu diesem Zeitpunkt, allein als Rammschutz für die Stahlhülle.

Eine bis zu sechs Zentimeter dicke Lage Spritzasbest auf den Stahlgusstübbings diente vor Beginn des Sanierungsprogrammes als Schutz vor zu hohen und lang anhaltenden Temperaturen. Aufgrund von Beschädigungen in der Spritzasbestbeschichtung und früheren Arbeiten hinter den Spaltwänden fanden sich in diesen Bereichen Spritzasbestreste an den Rückseiten der Trennwände sowie eine mehrere Zentimeter starke Lage aus Beschichtungsresten und mit Asbest verunreinigten Gegenständen. Auch auf den Kabeln und besonders den neun übereinander liegenden Kabelrinnen auf der Westseite der Röhren sammelte sich das krebserregende Material.

Im Abluftkanal oberhalb der Zwischendecke waren die Tübbings mit asbesthaltigem, schwach gebundenem Promabest aus Formteilplatten verkleidet, darüber eine Schicht asbestfreies Plattenmaterial. Durch die gerissene Abdichtung der Brandschutzplatten zu den Tübbings und den offenen Spalt an den Seiten waren auch die Abseiten der Nischenwände des Abluftkanals mit asbesthaltigem Staub belastet. Auf Höhe der Zwischendecke waren die Kassettenfelder zum Teil zusätzlich mit asbestverunreinigter Mineralwolle gefüllt und flächig überspritzt.

Neben dem Spritzasbest und den davon stammenden Verunreinigungen stand Lindner vor der Entfernung weiterer schadstoffhaltiger Materialien. So schloss eine Brandschutzbeschichtung aus Ceramospray Spritzschatten des Asbests auf der Zwischendecke mit ein. Eine Beschichtung aus Epoxit und Steinkohleteerpech, belastet mit PAK, Benzo(a)pyren sowie fl ächenweise mit Asbest, schützte die Tübbings vor Korrosion. 

Arbeiten im Schwarzbereich: Maßgaben der TRGS 519.

Grundlage für die Schadstoffarbeiten der Phase 1 waren die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS). Speziell die TRGS 519 „Asbest Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ bestimmten die Vorgehensweise. Der erste maßgebliche Arbeitsschritt war die Einrichtung eines stationären Lüftungssystems im Abluftkanal der Schildstrecke, der sogenannten Kalotte. Um die nähere Umgebung vor einer Faserbelastung zu bewahren, dichteten Bleche an den Enden des Schildvortriebs den Tunnel staubdicht ab. Die einzelnen Arbeitseinheiten hinter den Spaltplatten sowie den Trennwänden im Entrauchungskanal waren als Schwarzbereiche abgeschottet.

In sechs Sanierungsbereichen waren die Fachleute aus Arnstorf gleichzeitig für die Asbestentsorgung am Werk. Jeder Arbeitsbereich erstreckte sich über 45 Meter und wurde im Verkehrsraum und der Kalotte parallel installiert. Um den strengen Terminplan einzuhalten, bauten die Monteure die Arbeitsbereiche unverzüglich nach der Fertigstellung ab und richteten sie, versetzt in Richtung Süden, wieder ein.

Der Aufbau eines Schwarzbereiches folgte dabei stets dem gleichen Muster: Am Anfang stand die Demontage und Entsorgung der sogenannten Blechschürze – beidseitige 45-Grad- Paneele am Übergang von Spaltwand und Zwischendecke. Eine abgedichtete, mobile Plattform aus Schichtstoffplatten diente als Arbeitsbühne und bildete einen eigenständigen Schwarzbereich inklusive Abluftgerät und Luftschleier. Im Anschluss daran folgte der Abbau der Nischenwände der Kalotte.

Außergewöhnlich war die Konstruktion der Sanierungsabschnitte im Verkehrsraum. Nach der Entfernung der Schrägpaneele wurden die Wandplatten von ihren verunreinigten Halterungen gelöst, zur Fahrbahn hin angekippt und mit einem Acht-Tonnen-Stapler einzeln auf einen Abstand von anderthalb Metern vorgezogen.

Eigens für diesen Vorgang entwarf und baute Lindner wandhohe Stahlwinkel als Spezialvorrichtung zum Abstellen der Spaltwände vor dem Betonsockel. Zur zusätzlichen Absicherung waren die „Stühle“ an beiden Streben mit Ketten an den Tübbings verankert. Um eine Faserfreisetzung zu vermeiden, waren die Wände bereits beim Vorziehen an ein Unterdruckgerät angeschlossen und mit einem Folienboden verbunden.

Ein Arbeitsbereich verfügte über jeweils 18 nach vorne versetzte Spaltwände, an deren oberen Ende sich ein zweieinhalb Meter langer Folienvorhang befand. Die Sogwirkung spannte die Folien beim Hervorziehen und dichtete die Seiten und die Rückseite der Spaltwände ab. Um den TRGS auch in den letzten Details gerecht zu werden, verstärkten die Monteure jeden Übergang mit Klebeband und Blecheinsätzen.

Noch vor Beginn der Asbestentfernung ersetzten feste Wände die provisorische Folienabschottung an den Stirnseiten. Eine Bohlenlage unter der Folienabklebung verhinderte, dass herausfallendes Material den Verkehrsraum verunreinigte. Auf der Rückseite der Stühle riegelte eine zweite Folienwand von der Fahrbahn bis unter die Zwischendecke endgültig jedes Areal von der Umgebung ab. Anschließend wurden die Personen- und Materialschleusen versetzt und angeschlossen. Die Frischluftversorgung der Schwarzbereiche regelte ein abgeschotteter Teil des Zuluftkanals.

Im Verkehrsraum sammelte ein ständig laufendes Gebläse die Abluft aller Anschlüsse mit einer Nennleistung von 9.000 m³/h. Während der Arbeiten herrschte ein Unterdruck von zwanzig, in den Nachtruhen von zehn Pascal. Ein 30-facher Luftwechsel hielt die Luft innerhalb der Folienabtrennungen in Zirkulation. Den Abluftkreislauf schlossen die fi ltrierenden Abluftgeräte und die Großsauger der Arbeitsbereiche. Die Gebläse fungierten als Unterdruckgeräte und erzeugten eine induktive Beschleunigung der Luftsäule. Die spezifi sche Konstruktionsweise unterstützte die Maschinen bei der Beförderung der Abluft über die weite Strecke von den Arbeitsbereichen zum Lüfterbauwerk.

Erst nach der Freigabe der Arbeitsbereiche durch die Verantwortlichen der Stadt Hamburg nahmen die zertifi zierten Schadstoffexperten von Lindner ihre Arbeit auf. Die vorhandenen Kabelrinnen wurden vollständig demontiert und entsorgt. Es folgten der Abbau und die Entsorgung der belasteten Dämmung der Hydrantenleitung. Der Spritzasbest an den Tübbings wurde aufgeschnitten, abgesaugt, in Spannringfässern gesammelt und mit einer mobilen Anlage vor der Deponierung verfestigt. Die Spritzschatten auf den Rückseiten der Spaltwände mussten die Fachkräfte aus Arnstorf mit Drahtbürsten entfernen. Das asbestfreie Plattenmaterial hinter den Seitenabtrennungen der Kalotte wurde einzeln abgenommen, verpackt und im Arbeitsbereich gelagert. Nur die untere Lage Promabest sollte im Rahmen der Phase 1 entsorgt werden. Für die Bearbeitung eines Sanierungsbereiches mit dem Ausbau der Spaltwandplatten, Aufbau der Arbeitsbereiche, Demontage von Spritzasbest und asbesthaltigen Anhaftungen, Reinigung und Neubeschichtung der Kabel und der Tübbings standen elf Tage mit je zwei Schichten zu zirka zehn Stunden zur Verfügung.

Strenge Sicherheitsaufl agen während des Ausbaubetriebes, bedingt durch die Schlauchform und Kaminwirkung des Elbtunnels, erschwerten die Baustellenorganisation. So musste jeweils eine Fahrbahnbreite als Trasse für Rettungsfahrzeuge frei gehalten werden. Als Konsequenz sanierten die beteiligten Unternehmen zuerst die Westseite und erst anschließend die Ostseite jeder Röhre. Nach der Abnahme eines Schwarzbereiches durch die Hansestadt hatte Lindner die Erlaubnis, die Folienund Blechkonstruktion abzunehmen und mit der Montage des neuen Brandschutzes zu beginnen. Bei einer ortsbezogenen Messung lag der kritische Wert der Faserkonzentration bei 1000 Fasern pro Kubikmeter. Nach der Grob- und Feinreinigung durfte im Rasterelektronenmikroskop nicht mehr als eine Asbestfaser auf vier Quadratmillimeter kommen.

Der neue Brandschutz: Doppelt hält besser.

Nach Abbau der Sanierungsbereiche blieben die Spaltwände noch weitere sechs Tage auf den Montagestühlen, um die Brandschutzarbeiten im dahinter liegenden Bereich zu erleichtern. Der neue Schutz des Stahlmantels sollte, nicht wie zuvor, direkt auf den Tübbings, sondern als nichtbrennbare Beplankung auf der Rückseite der Trennwände seinen Platz fi nden. Die Betonfertigteile dienten als Unterkonstruktion für die großformatigen, 1,20 Meter breiten Dämmplatten aus glasfaserbewehrtem Leichtbeton. Zwei Schichten zu je 20 und 25 Millimeter verhindern seither die Ausbreitung der Flammen im Brandfall und schützen die Stahlgusstübbings vor Temperaturen von über 300 °C. Neben den Spaltwänden blieb auch ein Großteil der Kabelbäume erhalten. Nach entsprechender Reinigung wurde Kabel für Kabel mit einer Ablationsbeschichtung versehen und auf die neuen, brandschutzkonformen Kabelrinnen hinter den Spaltwänden montiert. Heute erreichen die Leitungen die Feuerwiderstandsklasse E 30.

Auch nicht mit Schadstoffen kontaminierte Nebenbestandteile des baulichen Brandschutzes waren Bausteine des Aufgabenspektrums.

Die 0,5 bis einen Zentimeter breiten Fugen zwischen den Spaltwänden waren mit Polymeren ohne Brandschutzklassifi kation gefüllt und wurden durch eine zertifi zierte Abdichtung ersetzt. Weiterhin verlangte Teil 5 der ZTV-ING den Austausch der Türen vor den Technik- und Hydranten-Nischen und der Revisionsklappen gegen Edelstahl der Baustoffklasse A1. Für die Renovierung des Sprinklersystems isolierte Lindner die Hydrantenleitung mit klassifi zierten Materialien. In der Kalotte rundeten die Reinigung und Remontage der zuvor eingelagerten Platten die Brandschutzarbeiten ab.

Zuletzt wurden die Spaltwände im Verkehrsraum zurückgesetzt, von den Stühlen genommen und eine neue Schrägpaneelschürze montiert. Nach der Wiedereröffnung der Röhren war der Grund der Sperrung für die Tunnelnutzer nicht auf den ersten Blick erkennbar. Nach außen hin war kaum ein Unterschied zu vorher festzustellen. Nur in Ausnahmefällen ersetzte Lindner auch Elemente des Deckenbrandschutzes im Fahrbahnraum. Im Verborgenen aber ist der Verkehrsraum des Schildtunnels auf dem neuesten Stand in Sachen Brandschutz.

Zahlen, Daten, Fakten: Material und Technik.

Insgesamt war der Schildvortrieb in 50 Arbeitsbereiche untergliedert. Lindner arbeitete mit 60 Mann pro Schicht an sechs Tagen die Woche, um die sportlichen Übergabetermine einzuhalten. Bereits nach sechs Monaten Bauzeit konnte Röhre eins im März 2005 wieder für den Verkehr frei gegeben werden, mit einer Pause von jeweils einem halben Jahr die beiden folgenden Röhren.

Das Auftragsvolumen pro Schildtunnel betrug zirka zehn Millionen Euro. Nach insgesamt 18 Monaten Ausführungszeit waren die Fahrbahnbereiche der drei Schildvortriebsstrecken den RABT 2003 konform ausgestattet. Der Materialbedarf dieser notwendigen Aufrüstung aber war enorm. Allein in Röhre 3 verbaute Lindner 11.000 Laufmeter Abdichtungsmasse für die im Verkehrsraum bereits vorhandene Brandschutzdecke sowie etliche tausend Quadratmeter Folie zur Abdichtung der Schwarzbereiche. Die beiden 20 und 25 Millimeter dicken Lagen des neuen Plattenmaterials entsprechen zusammen zirka 15.200 Quadratmetern pro Röhre.

Dafür entsorgte der bayerische Schadstoffexperte in jeder Röhre etwa 12.500 Quadratmeter Decontabest, 10.600 Quadratmeter Spritzasbest und Membranbeschichtung, zusätzlich 370 Kubikmeter Kassettenauffüllung der Tübbings, 900 Kubikmeter Ceramospray und 7.400 Quadratmeter Promabest- Brandschutzplatten in der Kalotte. Auch die Nebenaufgaben summierten sich zu unglaublichen Zahlen:

Röhre 3 lieferte fast 28.000 Quadratmeter Spritzasbestreste an den Wänden, 14.000 Laufmeter zu entsorgende Kabel, 8.800 Quadratmeter Staub im Abluftkanal und abertausende verunreinigter Winkel und Schrauben. Da nicht alle Bestandteile zu ersetzen waren, wie beispielsweise die intakten Brandschutzplatten der Fahrbahndecke, mussten sorgfältige Vorsichtsmaßnahmen gegen eine eventuelle Kontamination und Beschädigung eingeleitet werden – eine der größten Schwierigkeiten in Anbetracht der beengten Raumverhältnisse.

Nachrüstprogramm der Röhren 1-3: 2009-2012

Die Sanierungspläne der restlichen Tunnelbestandteile benötigte eine tiefergehende und sehr detaillierte Vorarbeit. Daher begann das Programm erst zwei Jahre später als Fortsetzung der Bauphase 1. Um alle Lose und Fachlose des aktuellen Nachrüstprogramms anbieten zu können, ist die Lindner Isoliertechnik und Industrieservice GmbH bis 2012 gleichberechtigter Partner einer Arbeitsgemeinschaft aus insgesamt vier Spezialunternehmen. Wie im Vorgängerpaket übernimmt Lindner vornehmlich die Verbesserung des baulichen Brandschutzes durch Plattenmaterial an den Tunnelwänden, den Lüftungskanälen und den Lüfterbauwerken. Die große Herausforderung des Projekts: Jeder Arbeitsschritt, ob beim Umgang mit Schadstoffen oder der Konzeption und Montage der Brandschutzkonstruktion, fordert von der Arge eine gründliche Planung, Präzision und Sorgfalt.

Fachlos 4: Demontage Brandschutzplatten Schildtunnel (Abluftkanal)

Der erste Schritt als Vorreiter der übrigen Lose war die Entfernung der Promabestplatten in der Kalotte des Schildtunnels. Nur die Lindner Schadstoffexperten hielten sich im Baustellenbereich auf, für die restlichen Gewerke blieb die jeweilige Röhre gesperrt. Die Entsorgung beinhaltete die doppellagig vorgeformte Kalotten- und Abseitenverkleidung und die bestehende Korrosionsbeschichtung auf den Tübbings des Abluftkanals. Im Gegensatz zur Phase 1 wurden die äußeren Silikatplatten nicht gereinigt und wieder montiert, sondern komplett ersetzt. Der Grund: Die geforderte niedrige Leckagerate von fünf Kubikmeter pro Sekunde war mit der ursprünglichen Bauweise nicht zu erreichen.

Die untere Lage Promabest war auf C-Profi len an der Tunnelwand befestigt, die 12 Millimeter dicke äußere Promatect-Platte an der unteren Schicht festgeschraubt. Nach den TRGS 519 zählte die Demontage des Promabests zu den „Umfangreichen Arbeiten“ und fand, analog zu Phase 1, unter einem erweiterten Arbeitsschutz in einem abgeschotteten Bereich mit eigenem Zu- und Abluftsystem statt. Obwohl die Arbeiten nur in jeweils neun Sanierungsbereichen stattfanden, war die komplette Kalotte als Graubereich deklariert und fi el unter die Regelung der BGR 128 „Arbeiten in dekontaminierten Bereichen“. Das Tragen einer P2 Schutzmaske, Schutzanzug und Handschuhen während der ausführenden Tätigkeiten war somit verpflichtend.

Wie bereits für die Sanierung des Verkehrsraumes war der erste Schritt auch hier die Errichtung eines Edelstahl-Abluftkanals, nur in diesem Fall über die ganze Länge des Fahrbahnbereiches.

Um die Montageschienen der schadstoffhaltigen Deckenplatten abbauen zu können, entsorgten die Arbeiter vor Einrichtung des Schwarzbereiches die Nischenwände inklusive ihrer Unterkonstruktion. Anschließend saugten sie den Kanalboden ab und schlossen den Spalt zwischen Tübbing und Zwischendecke.

Die Seitenwände der Schwarzbereiche des Entrauchungskanals bestanden aus Blechtafeln mit Gummiabdichtungen. Bereits die Demontage der ersten Platten eines Arbeitsbereiches erforderte vorab ein Folienschott mit einer 1-Kammer- Schleuse und einem angeschlossenen Unterdruckhaltegerät. Hinter diesem Schott nahmen die Fachkräfte des niederbayerischen Schadstoffexperten die doppellagigen Brandschutzplatten ab, bis eine Fuge zwischen den Tübbings frei wurde. In diesen neu entstandenen Zwischenraum installierten sie die Metallwände zur vollständigen Abdichtung der Arbeitsbereiche.

Platten auf den alten Abluftöffnungen und eine Folienabdichtung vor dem Übergang der Zwischendecke auf den Tübbing verschlossen die Arbeitsbereiche in Richtung Verkehrsraum. Nach Anschluss der Schleusen und Unterdruckanlagen folgte die erneute Freigabe durch die Stadt Hamburg – jeweils einzeln für jeden Schwarzbereich.

Ein Sanierungsabschnitt war 34 m lang und erhielt seine Frischluft aus Kanälen zwischen den Zuluftöffnungen des Verkehrsraumes. Der Abluftkanal und die Schleusen befanden sich im Fahrbahnbereich auf der Seite der Zuluftöffnungen.

Die Kalotte war nur über eine staubdichte Leiterkonstruktion erreichbar, an die jeweils eine 3-Kammerpersonenschleuse und eine 2-Kammermaterialschleuse angeschlossen waren. Die neu geschaffenen Zugänge wurden später Teil der neuen Entrauchungsöffnungen. In der Kalotte schloss sich jeweils eine 1-Kammerschleuse als vierte Kammer an die Schwarzbereiche an.

Mit der Abnahme des Schwarzbereiches durch den Auftraggeber begann die Demontage der großfl ächigen Promabest- und Promatect-Platten. Vom Scheitel der Kalotte aus abwärts entfernten die Lindner Monteure die Verfugungen und nahmen die einzelnen Elemente ab – wenn möglich, ohne sie zu brechen und eine zusätzliche Faserfreisetzung zu vermeiden. Pro Arbeitsbereich folgte die Entfernung der bestehenden Unterkonstruktion. Die ausgebauten Brandschutzplatten und Montageschienen fanden einzeln in Folie verpackt – ausschließlich über die Materialschleusen – ihren Weg nach draußen. Ein abgeschotteter Schrägaufzug transportierte die Päckchen nach unten, wo sie als asbesthaltig entsorgt wurden.

Die anschließende Grobreinigung vernichtete den Großteil der übriggebliebenen Fasern. Der neu aufgebrachte Korrosionsschutz schützt zum Einen das Gusseisen vor Witterungseinfl üssen, zum Andern erfüllt er die Funktion als Restfaserbindemittel.

Die Freigabebedingungen der Schwarzbereiche des Nachrüstprogrammes waren analog zur Sanierung des Verkehrsraumes. Ebenfalls wie in Phase 1 war der Zeitraum, der für einen Arbeitsbereich inklusive Auf- und Abbau zur Verfügung stand, elf Tage mit je zwei Schichten von zehn Stunden.

Fachlos 5: Brandschutz Schildtunnel (Abluftkanal)

Die Eigenschaften von Brandherden in Tunnelbauwerken unterscheiden sich erheblich von Entwicklungen auf offenen Straßen – vor allem bezüglich Temperaturverlauf und Branddauer. Die Fahrbahnröhren des Elbtunnels wirken wie Kamine und lassen Brände innerhalb kurzer Zeit sehr hohe Temperaturen erreichen. Den Bestandteilen des Brandschutzes innerhalb von Fahrbahnröhren legen die ZTV-ING daher eine charakteristische Tunnelbrandkurve zu Grunde. Der schematische Verlauf ist, im Vergleich zur sonst herangezogenen Einheitstemperaturkurve nach DIN 4102, aggressiver im Anstieg, die erreichten Temperaturen höher und berücksichtigt zusätzlich eine Abkühlphase.

Binnen fünf Minuten ist eine Temperatur von 1.200 °C erreicht, die weitere 25 Minuten konstant auf diesem Niveau bleibt. Erst nach insgesamt einer halben Stunde setzt laut Kurve eine 110-minütige Abkühlphase ein.

Die starke Hitze macht es Feuerwehren oftmals unmöglich, bis an den Brandherd vorzudringen. Je nach Material und freigesetzter Energie können höhere Temperaturen über einen noch längeren Zeitraum entstehen.

Nach den ZTV-ING ist die Konstruktion des baulichen Tunnelbrandschutzes deshalb so auszuführen, „dass keine Schäden auftreten, die die Standsicherheit des Tunnels gefährden, keine bleibenden Verformungen der Konstruktion entstehen, […], die Dichtigkeit weitgehend gewährleistet bleibt.“

Das stahlähnliche Material der Schildstrecke verliert bereits bei Temperaturen ab 300 °C an Tragfähigkeit. Um die Statik des Elbtunnels im Brandfall nicht zu gefährden, muss das neu angebrachte Plattenmaterial diese kritische Temperatur an den Tübbings verhindern – zumindest über die vorgegebenen 140 Minuten der Tunnelbrandkurve. Die Anpassung des Ventilationssystems an die RABT hatte direkte Auswirkungen auf die Luftdichtigkeitsanforderungen der Abluftkanäle. Die neuen Ventilatoren erzeugen einen Volumenstrom von bis zu 105 m³/h. Innerhalb von einer Sekunde sind dadurch zehn Meter Fahrbahn rauchfrei. Je nach Tunnelabschnitt müssen die Brandschutzkonstruktionen einem Unterdruck von bis zu 5 kN/m² Stand halten, im Falle der Kalotte des Schildtunnels immerhin noch von 3 kN/m². Zusätzlich darf die Leckagerate der Konstruktion nicht mehr als 1l/s,m² bei 1000 Pascal aufweisen. Bei starker Rauchentwicklung sollte der Rauch des Fahrbahnbereichs abgesaugt werden, nicht die Luft hinter den Abseiten der Kalotte.

Die in Phase 1 angebrachten Dämmmaterialien erfüllen die geforderte Standfestigkeit für den Verkehrsraum des Schildvortriebs. Für die Kalotte aber übernahm die Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Lindner Group, unter der Leitung von Professor Klaus Lang der Hochschule Rosenheim, die Entwicklung und statische Bemessung der Brandschutzkonstruktion einschließlich der Verdübelung.

„Die eigentliche Herausforderung für Lindner war es, die Überlagerung der Lastfälle wie hoher Unterdruck, geringe Luftleckage und Brandszenario bis 1200 °C für die Brandschutzkonstruktion der Kalotte zu bemessen und prozesssicher sicherzustellen.“, so die Auskunft von Professor Lang. Der neue Brandschutz ist Hauptbestandteil des Sicherheitskonzeptes. Um zu belegen, dass die Sicherheit der Tunnelnutzer im Ernstfall nicht gefährdet ist, testete Lindner die Einhaltung der genannten Kriterien.

Dazu befi ndet sich auf dem eigenen Betriebsgelände ein Prüfstand. Das Brandschutzteam der Lindner Group prüfte die Dichtigkeit und die Standfestigkeit der Brandschutzverkleidung des Entrauchungskanals an einem 15 Quadratmeter großen Originalaufbau der Unterkonstruktion und den darauf befestigten Brandschutzplatten. Die geforderten Lastfälle durch Luftsog und – sowohl im Brandfall als auch im Normalbetrieb wurden im Prüfstand simuliert. Nach sechs Monaten voller Detailkonstruktionen, Versuche und der Zertifi zierung durch die MPA Braunschweig stand das neue Konzept, das auch die Verantwortlichen der Stadt Hamburg überzeugte: Wie im Fahrbahnraum montierte Lindner in der Kalotte eine zweilagige Plattenschicht. Ein 1,20 Meter breiter Streifen auf Calciumsilikatbasis an der Oberund Unterseite der Zwischendecke deckt die alten Abluftöffnungen ab.

Das Institut für Industrieaerodynamik (IFI) Aachen prüfte und zertifzierte die Erfüllung der Luftdichtigkeitsansprüche. Dazu wurde der Tunnelabschnitt luftdicht verschlossen und verschiedene Messstationen aufgebaut. Die ausführlichen unternehmenseigenen Tests im Vorfeld der Montagearbeiten nahmen das Resultat bereits vorweg: Der Brandschutz der Kalotte entspricht in jeglicher Hinsicht den Sicherheitsstandards.

Brandschutzaufrüstung Ortbeton, Senkstrecke, Lüfterbauwerk

Brandschutzaufrüstung im Auftragsvolumen des Nachrüstprogramms von 30 Millionen Euro pro Röhre enthalten waren auch die Verbesserungsmaßnahmen im Ortbeton Nord und Süd, der Absenkstrecke und den Lüfterbauwerken. In allen Bereichen gelten unterschiedliche Vorgaben bezüglich Brandwiderstandsfähigkeit, Soglastbeständigkeit und Plattenkonstruktion – aufgrund der Gewässerquerung teilweise mit höheren Anforderungen als in den ZTV-ING verlangt. In den beiden Ortbetonstrecken und in der Senkstrecke entsprechen sich die Brandschutzkonstruktionen der Verkehrsräume in den Vorgaben und ihrer Ausführung. Gegenüber den ZTV-ING-Regelungen für Betonhüllen müssen strengere Kriterien erfüllt sein. Dies beinhaltet eine Feuerwiderstandsfähigkeit der Konstruktion von 90 Minuten bei 1200 C, bei Beginn der Abkühlphase nach 110 Minuten. An der Fliesenoberkante darf 205 Minuten lang eine Höchsttemperatur von 300 °C entstehen, wobei die Funktionsfähigkeit der Konstruktion über eine Viertelstunde bei 600 °C gewährleistet sein muss. Der 2-lagige Plattenaufbau samt Unterkonstruktion übertrifft die geforderte Stabilität bei einem Unter- bzw. Überdruck von bis zu 800 Pascal. Die untere Schicht bildet eine 10 Millimeter starke Brandschutzhinterlegplatte aus dem glasfaserbewehrten Leichtbeton.

Auf diese Basis wurde die 20 Millimeter dicke Deckplatte des gleichen Materials versetzt gedübelt. Um den Fahrbahnbereich aufzuhellen, ist die Oberfläche in RAL 9010 hochglanz lackiert und refl ektiert durch den weißen Untergrund das auftreffende Licht. Sowohl im Schildvortrieb als auch im Ortbetonbereich wurden die Abluftöffnungen versetzt. Jede achtzehnte Luke wird auf 1,2 x 4,2 Meter erweitert, die übrigen Durchlässe mit einer Edelstahlplatte verschlossen. Zur Aufrüstung des Brandschutzes wird von der Fahrbahn aus ein Ausschnitt der RAL 9010 lackierten Platten auf die alten Maße zugeschnitten und eingesetzt. Über die gesamte Länge der Fahrbahn stellt ein 1,2 Meter breiter Plattenstreifen auf der Zwischendecke sowohl im Abluftkanal als auch im Verkehrsraum den Brandschutz her. Auch hier gelten die erhöhten Anforderungen gegenüber der ZTV-ING: Der teils doppellagige Streifen verhindert eine Temperatur von mehr als 300 °C an den Edelstahleinsätzen. Die Verdübelung oberhalb der Zwischendecke muss einem Unterdruck von 3000 Pascal Stand halten. Die Neuplanung des Lüftungssystems zieht den Umbau der Abluftkanäle der Ortbetonstrecken nach sich. Die Rohbaumaßnahmen übernahmen die Arge-Partner, den Brandschutz die Lindner Isoliertechnik und Industrieservice GmbH.

Analog zum Streifen an der Zwischendecke, gilt auch hier der Ausgangspunkt von 3000 Pascal für die Zwischenwände, wobei die Brandanforderungen den ZTV-ING entsprechen. Die 20 Millimeter starken, unbeschichteten Platten gewährleisten die volle Funktionsfähigkeit der Konstruktion über eine Viertelstunde bei 600 °C. An der Betonoberfl äche hingegen besteht die Maßgabe von maximal 300 °C über einen Zeitraum von 140 Minuten. Ist Beton längerer Zeit zu hohen Temperaturen ausgesetzt, platzen Komponenten an der Oberfl äche ab und legen die statisch tragende Stahlbewehrung frei. Zu große oder zu viele Abplatzungen gefährden die Statik. Deshalb werden die Abluftkanäle West und Ost der Absenkstrecke rundherum mit den zwei Zentimeter dicken, unbeschichteten Platten verkleidet. Die Abluftklappen in den Seitenwänden werden, analog zum Ortbeton, ersetzt und durch klassifi zierte Edelstahlbleche ausgefüllt. In den Lüfterbauwerken sind die Nähe zu den neuen Ventilatoren und die damit verbundenen Druckverhältnisse die größte Herausforderung. 4000 Pascal muss die Unterkonstruktion über einen längeren Zeitraum aushalten. Lindner montierte dafür eine Schicht des 20 Millimeter dicken Brandschutzes, wie in den anderen Bereichen, über eine Lage an den neuen Zwischenwänden und -decken. Präzise Ausschneidungen an den Nischenverkleidungen und den Schutzvorrichtungen der Ventilatoren in den Lüftungsschächten waren notwendig, um auch die technischen Einrichtungen bei einem Brand zu schützen. Die Tests der Prüfanstalten vor der Übergabe an die Stadt Hamburg zeigten: In jedem Bereich sind die Anforderungen erfüllt oder sogar übertroffen.Ob Schildvortrieb, Senkstrecke oder Ortbeton: Im Brandfall behält der Tunnel seine Stabilität.

Im November 2010 übergab die Arge die vollendete Röhre 2 und begann mit Röhre 3 in der darauf folgenden Nacht. Die Menge an Brandschutzplatten für die fertiggestellte Röhre 2 entspricht in etwa 63.800 Quadratmetern – in Summe zirka 222.000 Quadratmeter Brandschutzmaterial und 700.000 Dübel alleine für das Nachrüstprogramm der Röhren eins bis drei. Bis Herbst 2012 sind alle Fahrbahnen wieder für den Verkehr freigegeben – mit der neuesten Technik und modernstem Brandschutz.

Herausforderungen gemeistert, Ziele erreicht.

Neben den allgemeinen Schwierigkeiten, die Arbeiten im Schwarzbereich nach TRGS 519 mit sich bringen, enthielten die Elbtunnelröhren 1-3 spezifi sche technische und lokale Herausforderungen. Der nur eingeschränkt zur Verfügung stehende Raum sowie der schnelle Wechsel der verzahnt nacheinander folgenden Gewerke erforderte die perfekte Abstimmung der Arge-Partner.

Ein Beispiel für die schwierigen Arbeitsumstände: Während der Arbeiten in der Kalotte des Schildvortriebs mussten im Bereich der Zwischendecke bis zu drei unterschiedliche Gewerke gebückt beziehungsweise kriechend bei einem Maß von maximal 90 Zentimetern ausgeführt werden.

Der Transport von Material und Maschinen auf die Baustelle war aufgrund der Verkehrssituation nur nachts erlaubt. Die ohnehin schon eingeschränkten Platzverhältnisse, bedingt durch die Trasse für die Rettungsfahrzeuge, wurden durch die zu lagernden Materialien noch weiter verringert.

Die Arbeitsbereiche und der Umgang mit den verschiedenen toxischen Materialien verlangten den Einsatz von Fachkräften. Die TRGS 519 verlangten in jedem Arbeitsbereich die Anwesenheit von mindestens einem mitarbeitenden Sachkundigen mit zwei Jahren Berufserfahrung. Dabei erwies sich die Lindner Isoliertechnik und Industrieservice GmbH seit Beginn der Arbeiten vor nunmehr sieben Jahren als kompetenter Partner am Bau.

„Seit einem Vierteljahrhundert befreien wir jegliche Art von Gebäuden von ihren Asbestaltlasten. Wir verfügen somit über die Erfahrung und die notwendigen personellen Ressourcen, um dieses Großprojekt zu schultern.“, so der Geschäftsführer der Lindner Isoliertechnik und Industrieservice GmbH Herbert Schaitl über den bisherigen Projektverlauf.

Als Tochter der Lindner Group hat die Firma Zugang zum Fachwissen anderer Unternehmensbereiche. Laut Schaitl profi tierte Lindner Isoliertechnik speziell bei der Planung des neuen Kalottenbrandschutzes und der Prüfung der Feuerwiderstandsaufl agen vom Know-how der Schwesterfi rmen. „Durch die Zusammenarbeit innerhalb der Unternehmensgruppe verfügen wir über Kompetenzen auf allen Stufen eines Projekts. Wir bieten ein Komplettpaket, das bereits bei der Entwicklung innovativer Lösungsansätze, wie sie der Neue Elbtunnel verlangte, beginnt.“

Der Geschäftsführer hat das Projekt seit den Anfängen begleitet und weist an dieser Stelle auf die erfüllten Feuerwiderstands-, Dichtigkeits- und Stabilitätsanforderungen des neuen Brandschutzes hin. In den jeweiligen Tunnelabschnitten gewährleisten die Platten der Baustoffklasse A1 sowohl die geforderte Leckagerate als auch die technische Stabilität der gesamten Tunnelanlage im Brandfall.

Der Vorteil der verwendeten Dämmung liegt in den unkomplizierten Ausbesserungsmöglichkeiten. Werden einzelne Elemente beschädigt oder von Feuer beansprucht, muss nur der betroffene Plattenteil demontiert und ausgetauscht werden.

Sollte einer der jährlich durchschnittlich zehn Brände in den Röhren 1-3 größere Schäden an der Wandverkleidung anrichten, müssen die Röhren ab sofort nur mehr für Ausbesserungsarbeiten gesperrt werden – wie Anfang 2011, als ein mit Weizen beladener Lkw die kurzzeitige Sperrung der Röhre 4 verursachte. Der Austausch beschädigter Wandelemente kann nicht mit den potentiell hohen Opferzahlen in Folge eines Tunnelbrandes verglichen werden. Das Gewicht der Elbe ist im Ernstfall keine Bedrohung mehr für die Tunnelstatik und das Wohl der Tunnelnutzer. Mit Abschluss der Arbeiten im Herbst nächsten Jahres leiten alle drei alten Röhren des Elbtunnels den Verkehr sicher unter dem Wasser hindurch.

 

Neuer Elbtunnel Hamburg - Röhren 1, 2 und 3
Bauherr: Freie Hansestadt Hamburg Fertigstellung: 2012
Bildrechte: Lindner Group


www.Lindner-Group.com

 

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